Wer sich die Mühe macht, durch ausdauernde Selbsterfahrung den Dschungel der Marketing-Superlative zu entwirren – eine in 687 Meter gefasste unvergessliche Erfahrung fürs Leben aus 28 Waggons, dieser Zug, der über einen ganzen Kontinent, vom indischen Ozean bis zum Pazifik fährt, über das längste gerade Schienenstück der Welt – findet, ganz bodenständig, eine Zugverbindung aus den 1970er Jahren, die die 4352 Kilometer von Perth nach Sydney bedient, mit hunderten Touristenpassagieren, die 65 Stunden auf dem Hosenboden sitzen für fürchterlich abenteuerlich halten.
(Moritz)
Wir hingegen wollen einfach zurück nach Sydney. Gegen das Auto haben wir uns sofort nach unserer Ankunft in Perth entschieden. Auf keinen Fall fahren wir das in einer Woche wieder alles zurück! Der Zug war eine gute Variante, auf jeden Fall die Bequemste. 4000km in drei Tagen ist nicht schlecht. Dass unser Transportmittel eher eine Veranstaltung werden wird, können wir zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen.
Am Tag der Abfahrt
Wir hetzen zum Bahnhof, fallen unseren lieben Gastgebern um den Hals und schon sind die Türen zu. Während der Zug noch 15 Minuten am Bahnhof steht, schreie ich durchs Fenster: „der Osterhase liegt unterm Autositz!“. Im Stress hatte ich vergessen, es ihnen zu sagen. Jetzt wissen alle Großraumfahrgäste Bescheid. Die Fahrt, oder besser gesagt, der Ausflug, beginnt mit einer Einweisung vom Zugpersonal. Der „Schaffner“ macht sich gut als Entertainer, er begrüßt uns auf englisch, deutsch und italienisch. Er fordert alle auf, die Hände zu heben, wenn sein Land dran ist. „…und wer kommt aus der Schweiz?“ Das Programm geht weiter mit „Raucher werden von Bord geschmissen“ und „die Armlehne klappt man so auf“. Wir sollten auch immer darauf achten, dass wir die Klotüre absperren. Meine Gedanken driften weg, ich habe noch schöneres im Kopf als diesen Clown.
Die Stunden vergehen und wir zuckeln dahin. Immerhin ist das die Bahnstrecke mit dem längsten geraden Abschnitt der Welt. Bei den wenigen Stopps auf unserem Weg nach Sydney werden den wahnsinnigen Leuten noch Bustouren durch die Minenstädte angeboten. Ich kann mir in dem Moment nichts schlimmeres vorstellen, als bei drei Tagen Zugfahren auch noch fünf Bustouren einzuschieben.
Die Fahrt wird zu einem „Ohren-zu und Entspannungs-Training“. Obwohl die Sitze außergewöhnlich groß und weich sind, machen es die Nachbarn wieder wett. Die Leute in unser Hörweite: eine junge Deutsche, auf Work-and-Travel. Ein junger Amerikaner, der sich vor lauter angeblicher Beliebtheit bei seinen Couchsurfing-Hosts gleich vier Tage Verlängerung holt. Eine Alte, die Nachts mit sich selbst oder sonst jemanden redet. Eine total sozialverdrehte, die uns durchwegs anstarrt. Eine, die ihr Geldbörsel verloren hat, und es drei Tage lang unbeirrt sucht.
Pragmatisch sitzen wir unsere Kilometer zwischen Cafeteria, Polstersessel und Minenstädten ab. Für die Überfahrt eines ganzen Kontinents ist diese eine doch sehr gemütliche Reise und im Endeffekt tatsächlich auch die günstigste.
(Clara)
Indian Pacific Perth-Sydney
1x wöchentlich
Dauer: 3 Tage und 3 Nächte
Sitzplatz (online-Tarif mit Studentenrabatt): 434,- AUD (341,- EUR)
Auch in den Bildern: nur gerade Linien…….
Danke fuer d. greatsouth web Adresse.
Es ist eine Riesenstrecke. Der Flug haette 5 Stunden gedauert
…und in diesen fünf Stunden pro Kopf 880 kg CO2-äquivalente Emissionen freigesetzt, so viel wie ein durchschnittlicher Inder in einem ganzen Jahr.