Adoptiert nach Peng Chau

…oder Das Leben nach dem Jet Set

So lange ist sie schon in der neuen Welt, dass ihre ursprünglichen Karriere-Ambitionen wie das ferne Rauschen des Meeres kaum mehr wahrzunehmen sind. Sie verfolgt das schöne Leben, ohne neue Geschäftsideen zu ignorieren. Geschäftsideen sind Gesprächsthema Nummer eins, manchmal ausgefallene Geschäftsideen, hauptsächlich erfolgreiche Geschäftsideen. Sie schlürft ein Gläschen steuerfreien Wein, höchstpersönlich importiert aus Bordeaux, und lässt sich zur Sportzigarette eine Kante Käse schmecken. Sie lacht über die zurückgelassene, westliche Engstirnigkeit und empört sich über die vorgefundene chinesische Respektlosigkeit. Sie liebt das internationale Leben von Hongkong und schätzt die Ruhe vom aussterbenden Fischerort nebenan. Sie nimmt morgens die Fähre in die Stadt, oder auch nicht, wenn der Abend mal wieder länger war. Termine? Kann man verschieben. Die Clique von Peng Chau hat ihr Leben in der Hand und nimmt uns herzlich bei sich auf. Sie ist selbstständig.

Wir finden uns wieder zwischen Pierre und Manu, zwei genau wie wir auf Peng Chau gestrandeten Weltenbummlern. Wir aus dem deutschen, sie aus dem franzözischen Kulturraum. Sie versüßen sich das Vagabundendasein durch gelegentliche Auftritte, bei denen sie Herz und Seele in Gitarre und Stimme legen. Ihr spanisch-französischer Schrammel-Mix aus dem Besten von 60er, 70er und 80er Jahren kommt ihnen, die erst in letzteren geboren sind, mit einem so feinen Hauch von Ironie über die brachial strapazierten Stimmbänder, dass niemand im Publikum dem authentischen Impetus des schlichten Rock’n’Roll-Lifestyle zu widerstehen vermag – sei die Bühne noch so klein.

Wir schlafen bis Mittags, trinken Bier statt Wasser, sitzen am PC bis die Sonne untergeht und werden im Dunkeln erst richtig wach. Wir rauchen Joints bis der Arzt kommt und essen vier-Mal am Tag Marmeladentoast.

Die anderen Glückssucher von Peng Chau, bunt gemischt mit Amerikanischem und Europäischem Hintergrund, saugen unsere Reiseabenteuer auf. Sofern wir zur Sprache komme – Zwischen den starken Persönlichkeiten mit den brüchigen Biografien und den flüchtigen Themen zählen nur pointiert vorgebrachte Top-Stories. Wir hören gerne zu, denn die selbstbewussten Macher mit Mut und Risikolust haben mal Transportversicherungen, mal Partyschiffe organisiert, und sind die perfekten Vertreter einer durchglobalisierten Welt, in der man sich besser nicht festlegt. Sie passen zu Hongkong wie die Faust auf’s Auge.

3 Kommentare

  1. Revesz Georg

    Wer ist durchglobalisiert, wenn nicht Ihr?

  2. karinscheer

    es klingt wie der Beginn eines Bestsellers, einer Geschichte, in die ich eintauchen möchte.

  3. Pingback: Von Teilen, ihrer Beschaffung und unendlichen Mühen « Gut gelaufen

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