Dave fährt von Istanbul nach Shanghai, Nicolas von Paris nach Vietnam und Jeremy von London nach Neuseeland, alle mit dem Fahrrad, alle ausnahmslos. Die hochkarätige Runde von konsequenten Abenteurern wird von Eric komplettiert, einem nicht ganz so konsequenten Kellner aus Baltimore, der alternierend in der Heimat spart und in der Ferne reist. In den letzten sieben Monaten ist er abwechselnd durch Westafrika und Zentralasien getourt.
Kashgar ist ein Hotspot für starke Charaktere, hier treffen Hardcore-Backpacker auf willensstarke Radreisende. Ist Radreisen Protest? Nein, Protest ist immer dagegen, während langsames Reisen zum Denken anregt, mit gutem Beispiel voran. Aber nicht, weil es so speziell ist – Schafft man einen Tag auf dem Fahrrad, dann schafft man auch mehrere, und das kann jeder, da sind sich alle einig – Sondern weil das normale Leben so mitreißend eintönig ist, und der Ausbruch daraus Mut erfordert. Die Entscheidung zum Aufbruch fiel dem 39-jährigen Jeremy nicht schwer. Er versuchte sich vor Augen zu führen, welche fünf Tage dem Neuseeländer in den letzten fünf Jahren Arbeitsleben als Architekturzeichner in London als wirklich außergewöhnlich im Gedächtnis geblieben waren, und fand keine Antwort.
Nicolas wird von Passanten und Verwandten so oft gefragt, warum er das Leben als Projektplaner von Solarpark-Investitionen hinter sich ließ, um alleine mit dem Fahrrad durch Asien zu strampeln, dass er sich notgedrungen als Aktivist sieht. So eine Reise stehe so sehr für Selbstbestimmtheit, Bescheidenheit und geringen Ressourcenverbrauch, dass sie zwangsläufig zum Denken anrege.
Dave ist der authentischste Vagabund. Nach dem BWL-Studium jobbte er ein paar Jahre als Buchhalter, legte Geld zur Seite und entschied schließlich, auszusteigen. Er ließ sich Dreadlocks wachsen, ging auf Radreise, machte Hochgebirgstouren durch Himalaya und Hindukusch. Die folgenden Jahre in Australien im VW-Bus mit Surfbrett und Deltadrachen wurden ihm irgendwann zu hedonistisch, zu einfach. Er gründete eine Baumschule, verschenkte aber die meisten Zöglinge.
In Indien lernt er eine Krankenschwester kennen, auch aus Down Under. Sie reisen gemeinsam, renovieren ein altes Haus in der Heimat. Doch er will sie lieben, nicht nur brauchen, und fährt dieses Mal alleine weg. Dieser Stoff für ein mitreißendes Liebesdrama lenkt aber ab von meiner eigentlichen Story. Fazit: Wir finden Gleichgesinnte im Hostel, und verbringen zehn sehr gute Tage unter Seelenverwandten, die das beste aus der kurzen Zeit machen, in der sie auf diesem Planeten zu Gast sind.
ist die seele nicht selbst irgendwie ein fahrrad?
dann ist moritz seele seit gestern ein liege-dreirad!
das ist sensationell. real life. real peole. real heros
super geschrieben, gerne mehr davon! freut mich sehr, dass ihr nicht alleine seid!