Beim Zahnarzt in Tadschikistan

Was macht ein tadschikischer Zahnarzt anders als ein europäischer? Nicht viel. Zumindest, wenn er in Würzburg gelernt hat, Implantate zu verschrauben. Dann hat er Rennommée, und mit diesem lockt er eine illustre, zahlungskräftige Patientenschar an. Das Wartezimmer ist nicht nur mit drückenden Dance-Beats aus dem Radio gefüllt, sondern auch mit Gestalten in edlem Zwirn. Zweireiher dominieren die Erscheinung. Ein Herr lässt seinen Bodyguard den Mercedes umparken, als eine Beschwerde eintrifft, die S-Klasse möge bitte nicht *direkt* vor der Eingangstür stehen. Ein anderer wartet ruhig. Ein dritter zeigt mir auf dem I-Phone Videos vom letzten Auftritt. Auf einer Mega-Bühne mit Mega-Lightshow singt er vor Mega-Publikum tadschikische Lieder. Sein Sohn hat Zahnweh, genau wie ich.

Eine Stunde später stellt mich der Arzthelfer nach dem Bohren vor die Wahl: Die Füllung für 75, 140, 175 oder 200 Someni, welche soll’s sein? Ich schmunzle bei der Vorstellung, wie ich mit Wattebauschen in der Fresse und betäubtem Maul wohl beim Antworten aussehe, gestikuliere „die teuerste“ in den Strahl der Behandlungslampe und lasse „kuh hangred“ verlauten.

Alles wird ordnungsgemäß versiegelt, gehärtet und poliert, und als ich nach erfolgter Behandlung eine Rechnung für die Versicherung verlange, ist man ratlos. Normalerweise wird bezahlt und gegangen, schlussfolgere ich. Nach einigem hin und her stellt sich heraus, dass der Drucker kaputt ist, und man in absehbarer Zeit auch nicht vor hat, ihn zu reparieren. Wir einigen uns, dass ich mir selbst eine Rechnung im nötigen Format anfertige, und am Montag für Unterschrift und Stempel wiederkomme.

56 Dollar kostet mich die teuerste Kunststofffüllung am Platz inklusive 90-minütigem Einbau und den Bohraufsätzen. Kein schlechter Deal; Wer hat schon ein chinesisches Zahnmedizin-Instrumentenset als Tadschikistan-Andenken?

7 Kommentare

  1. gisabuehner

    „kuh hangred“
    Hahaha, da lach ich gich kakutt.

  2. Lutz

    ne hungrige kuh implantieren lassen, rässpäkkt!

  3. Karin

    Ich muss jetzt leider oder „Gott sei Dank“ vorgreifen. 11.7.2012. Hong Kong. Ich erlebe zwei strahlende, selbstbewusste, offene, ausgeruhte, verliebte, kritische, freudige, gut aussehende, freundliche, weise, tatenhungrige, gut gelaufene, gut gelaunte ……… junge Menschen. Sie heißen Clara und Moritz.
    Für erstarrte Menschen ist die Reise zu empfehlen. Dennoch meine Hochachtung für den Gnä Herrn und die Gnä Frau.

    • Gisa

      Toll toll toll toll toll toll toll!!!!
      Ich freu mich dass ihr euch gefunden habt, im großen Hongkong.
      Danke Karin für diese wunderbare Nachricht.
      Ich verstehe zwar irgendwie nicht so richtig, wie du das mit den erstarrten Menschen meinst, aber ich verstehe, dass du die beiden in bester Verfassung angetroffen hast und sage nur:
      Juchhu! Seid umarmt alle miteinander und habt eine tolle Zeit.

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