Jeden Tag stirbt ein Fisch

Mit einer starken Handbewegung schleudert er einen Becher Fischbreckies ins Wasser, hrrrassch, noch einen zweiten, einen dritten und vierten, hrrrassch. Stolz blickt er auf die hüpfenden Becken, eines voller als das andere. Der Besitzer unseres Gästehauses am See in Vieng Say hatte eine gute Idee: Ein Restaurant auf Stelzen mit angeschlossener Fischfarm. Nur wo bleiben die Gäste? Der große Essensraum ist tagein, tagaus nur: still. Und die wenigen, die sich doch hier her verirren, werden mit chinesischer Unverschämtheit „willkommen“ geheißen.

Das kleine Städtchen bietet bis auf seine heldenhafte Vergangenheit reichlich wenig. Eine große Fläche mit kleinen Häusern, so verstreut, als hätte hier jeder ein Auto in der Garage stehen. Verlassene Häuser werden längst von Ranken versteckt. Die Bäume, die einst mit dem Bewusstsein des Lebens gepflanzt und gepflegt wurden, lassen ihre Früchte  auf den Boden fallen und von Ameisen zerlegen.

Dennoch ruht der ganze Stolz des Landes auf dieser letzten Ecke Laos‘ und seinen neun Helden, den Anführern der laotischen Revolutionspartei, der Pathet Lao. Sechs Jahre in Höhlen versteckt konnten sie die 3 Mio. Tonnen Sprengstoff der US-Luftwaffe überleben und ihre Mission eines unabhängigen kommunistischen Staates schließlich verwirklichen.

39 Jahre nach Ende des Vietnamkrieges sind alle Revolutionsführer und die Pläne, Vieng Say („die Stadt des Sieges“) zur laotischen Hauptstadt zu machen, nur mehr in den Geschichtsbüchern zu finden. Die Bauern und Mönche folgen längst wieder ihrem Leben nach der Sonne. Den wenigen Touristen, die sich die langwierige Busfahrt über die Berge antun, lächelt die verstreute Häuseransammlung mit seinem morbiden Charme entgegen. So wie jeden Tag ein Fisch die Sonne mit seinem Bauch begrüßt.

2 Kommentare

  1. Gefällt mir! Juchuuuuuu 🙂 Bussls an euch beide!

  2. gisabuehner

    Ist jetzt der bauchobenschwimmende Fisch an Überfütterung eingegangen oder haben die Antibiotika versagt oder wurde der zum Frittieren rausgefischt oder wie?
    Trotz der traurigen Geschichte ist der Wald über dem See atemberaubend schön.

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